Unterwegs im niederländischen Friesland

Elf-Städte-Rundfahrt 2004 zu Ehren des Hl. Bonifatius
Von Josef Still; Fotos von Herbert Mass und Josef Still



Am 5. Juni des Jahres 754 wurde in Dokkum der Heilige Bonifatius erschlagen. Der Glaubensbote war um 672 im Königreich Wessex geboren und in Benediktinerklöstern erzogen worden. Als Vierzigjähriger begann er die Missionsarbeit – zunächst erfolglos in Friesland. Mehr Glück hatte er im Bereich Thüringen, Bayern und Mainz. Nach seinem Märtyrertod in Dokkum wurde sein Leichnam feierlich nach Fulda überführt.


Aus Anlass des 1250. Todesjahrs 2004 machte sich eine Gruppe von Trierern und Ulmern auf, um in Faltbooten die sogenannte “Elfsteden-Rondvaart” abzupaddeln, die neben zehn weiteren traumhaft schönen Städten auch Dokkum ansteuert.


Die Elfsteden Route ist offenbar ein friesischer Tourismusmarketing-Magnet, der sich in erster Linie an Radfahrer und Motoryachtfahrer richtet. In besonders kalten Wintern gibt es sogar eine Rundfahrt mit Schlittschuhen! Wer möchte, kann sich in den einzelnen Städten eine Karte stempeln lassen, um nach Vollendung der Tour ein beeindruckendes Elfsteden-Verdienstkreuz zu erhalten. Unverständlicherweise ist die Tour bei Kanufahrern weniger populär; wir haben jedenfalls keine anderen Paddler getroffen, die auf Rundfahrt waren.

Strömung gibt es keine; zum Glück hatten wir auch viel weniger Wind als befürchtet. Auch Staustufen gibt es nicht; lediglich auf der “Finkumer Vaart”, einem schmalen Gewässer, trafen wir auf zwei kleine Umtragestellen (Motor- und Segelyachten fahren dort daher nicht). Sonst gibt es keine Hindernisse: Unter den Brücken kommt man gut durch, auch wenn man gelegentlich den Kopf einziehen muss. Segler und Motorjachten haben es da schwerer: Sie müssen warten, bis die “brug” (sprich “brüch”) hochklappt und sogar noch dafür “Klompgeld” bezahlen.

Trotz des flachen Landes ist die Elfsteden Tour sehr schön und abwechslungsreich:

  • Wunderbare historische Orte mit traumhaften Altstädten und alten Orgeln und Glockenspielen (Kleine Klangprobe aus Sneek: http://www.sneek.nl/media/carillion.html)
  • Schmale Wiesenbäche und historische Schifffahrtskanäle
  • Klappbrücken verschiedenster Art
  • Belebte Schifffahrtsstrecken (Segel- und Motoryachten, historische Lastensegler)
  • Hochseeschiffe in Harlingen
  • Überquerung größerer Seen (bei starkem Wind wohl nicht ungefährlich)


Bei uns waren neun Personen, darunter drei Kinder, mit von der Partie. Gefahren wurde mit vollem Campinggepäck in 4 Zweierfaltbooten (T6-Vorkriegszweier, 2 AE II, 1 Pouch RZ 85) und einem Einerfaltboot (T9). Üblich scheint der Start in Leeuwarden und die Weiterfahrt Richtung Süden (Uhrzeigersinn) zu sein. Wir jedoch begannen und endeten in Sneek und fuhren gegen den Uhrzeigersinn. Einen Nachteil konnten wir darin nicht erkennen.


Wie lange die Tour ist, weiß niemand genau; eine Kilometrierung gibt es nicht. Ich vermute 220 – 230 Kilometer; die Radfahrerstrecke ist mit 200 Kilometern angegeben. Mit vielen Stadtbesichtigungen, “Koffie”-Pausen und Pommes-Frites-Stärkungen schafften wir die Strecke nicht ganz mühelos in sieben Tagen. Schnelle Paddler brauchen vielleicht nur fünf Tage. Die wunderbaren Orten aber sollte man sich anschauen! Zeit lassen!


Karten:
ANWB-Waterkaart 1:50 000 (Kaart B)
gibt es in Buchhandlungen, Tankstellen, Tourismusbüros



Kauderwelschsprachführer:
Die Friesen sprechen “friesisch”, eine für die übrigen Niederländer nahezu unverständliche Sprache. Als paddelnder Tourist wird man sich wohl nicht in sie vertiefen. Da aber Niederländisch überall verstanden wird, ist man nicht schlecht beraten, einige Wörter und Grüße zu erlernen, evtl. mit Hilfe des guten und preiswerten “Kauderwelsch-Sprachführers Niederländisch”.







Besonders beeindruckend war die Abfahrt in Sneek, denn Organist Dirk Donker, der auch bekannter niederländischer Glockenspieler ist, spielte für uns auf dem großen Glockenspiel der Martinikerk G. F. Händels komplette “Wassermusik”. Das über eine halbe Stunde dauernde Werk begleitete unsere Paddelschläge bis ans nördliche Ende der Stadt.

Übernachtungsmöglichkeiten nahe Sneek – allerdings ein paar Kilometer abseits der Elfstedentour – gibt es am Sneeker Meer und und in Uitwellingerga (Wassersportcentrum “Hart of Friesland”)

Leeuwarden: Etwas abgelegener Zeltplatz, dafür wunderbar mit Boot anzusteuern: Camping Taniaburg
Vierhuisterweg 72
8919 AH Leeuwarden
Tel.: 058 2662246
camping@conceptsfa.nl
http://www.campingtaniaburg.nl/  (mit Anfahrtsskizze)
Schwer zu finden (Internetskizze mitnehmen!). Kulinarisch eher spartanisch! Keine Einkaufsmöglichkeit.

Dokkum: Schöner Zeltplatz mit Bootsanleger am Ost-Ende der Altstadt:
Camping Harddraverspark
Harddraversdijk 1a
9101 XA Dokkum
Tel.: 0519 29 44 45
B.g.g.: 0519 29 59 69
E-mail: oostergo@worldonline.nl
Correspondentieadres:
Holwerderweg 21
9101 PA Dokkum

südlich von Sint Annaparochie: netter Zeltplatz direkt am Wasser mit Spielplatz, offenbar von Bauernhof aus betreut. Weiter Weg zu nächster Kneipe. Besser Lebensmittel mitbringen und selbst kochen!

Witmarsum: Recreatiecentrum “Mounewetter” mit Bootsanleger und sehr elegant, nicht billig. Zum Nur-Übernachten fast zu schade. www.mounewetter.nl

Camping Hindeloopen: Westerdijk 9, 8713 JA Hindeloopen, Tel. 0514-521452 : elegant und professionell, ähnlich wie Witmarsum.

Ideal: Zelten an Wasserlauf neben dem Deich zum Ijsselmeer (wir hatten gute Anlegemöglichkeit bei Platz 264). Von hier aus kann man am Deich entlang weiter nach Stavoren paddeln.

Balk: Schöner, etwas zu teurer Zeltplatz an Einmündung des Luts in das Sloter Meer. Schöne Wirtshäuser in Balk.

Eine gute Fahrt wünscht
Josef Still