Bericht von Josef Stil

Fotos: Herbert Maas, Johannes und Josef Still


Ausgerechnet im Trockensommer 2003 kamen wir auf die Idee, den Neckar ab Stuttgart bis zur Mündung und dann weiter auf dem Rhein bis Worms zu paddeln. Bei null Strömung – sieht man einmal von den paar Rhein-Kilometern ab – und 22 Schleusen wurden die 200 Kilometer zum schweißtreibenden Kraftakt. Zum Glück war Ende August die sommerliche Hitzewelle schon zu Ende.





Zu unserer Überraschung war die Landschaft außerordentlich reizvoll. Enge, bewaldete Täler und Weinbau auf romantisch terrassierten Hängen wechseln ab mit schönen Fachwerk-Orten und mittelalterlichen Befestigungsanlagen. Fabriken, Betonwerke und andere Zeugnisse schwäbischen Fleißes gibt es natürlich auch. Der völlig staugeregelte Fluss und zwei Kernkraftwerke an seinen Ufern gehören auch nicht gerade zur Vorstellung von einem naturbelassenen Idyll. Dennoch: Auch wenn der DKV-Führer von streckenweise ”stark bebautem und industrialisiertem Tal” spricht, so hat uns doch die gesamte Strecke sehr beeindruckt. Nicht weniger angetan waren wir von der Freundlichkeit der Schleusenmeister: Wird mussten nicht ein einziges Mal die schwer beladenen Boote umsetzen und wurden überall geschleust, zudem ohne nennenswerte Wartezeiten.




Überrascht hat uns auch, dass es am Neckar vergleichsweise wenige Campingplätze gibt. Es ist nicht wie an der Mosel, wo die Plätze nahezu in Sichtweite voneinander liegen und mit ihren unzähligen Wohnwagen bereits die Landschaft beeinträchtigen. Man sollte am Neckar also nicht darauf vertrauen, außer den im Kanuführer angegebenen Campingplätzen noch zusätzliche zu finden!






Fünf Faltboote (zwei AE II, ein T9-Einer, ein T6-Vorkriegszweier und ein RZ 85) bildeten die Flotte für unsere bundesweite ”Nationalmannschaft”, bestehend aus Trierern, Ulmern, Deggendorfern und einem Reutlinger.




Tagebuch in Stichworten:


1. Tag: Start bei km 184: Kanugesellschaft Stuttgart, Talstraße 207 (www.kg-stuttgart.de). Das Vereinsgelände liegt kurioserweise inmitten einer Mercedes-Benz-Teststrecke mit Steilkurven, so dass wir am Morgen des ersten Tages von röhrenden Motoren Vollgas fahrender Luxuskarossen geweckt wurden.








Die Fahrt ging zunächst durch die Stadt Stuttgart und vorbei am barocken Ludwigsburg. Ziel war Marbach, ein malerisches Städtchen mit viel Fachwerk, Mittelalter und Friedrich Schillers Geburtshaus







2. Tag: Marbach – Mundelsheim – steile Weinberge in den Besigheimer  ”Felsengärten”. Gezeltet wurde beim Ruderclub Lauffen (vor Wehr links).








3. Tag: Lauffen – Heilbronn – Neckarsulm – Bad Wimpfen: Wunderbar gelegene Stadt hoch über dem Fluss. Unbedingt anlegen und ansehen! Übernachtung am Campingplatz in Gundelsheim.








4. Tag: Gundelsheim – Neckarzimmern – Kernkraftwerk Obrigheim, kurz danach guter Biergarten rechts an Campingplatz Binau – Ziel: Campingplatz Eberbach






5. Tag: Eberbach – Hirschhorn, ein sehr sehenswerter Ort – Heidelberg. Gastfreundliche Aufnahme im kleinen Fachwerk-Bootshaus von Heidelberg-Neuenheim, wo wir mit Schlafsack und Luftmatratze übernachten durften. Was der Name nicht vermuten lässt: Das Bootshaus liegt zentral in der berühmten Universitätsstadt.












6. Tag: Heidelberg – Ladenburg – Mannheim – Mündung in Rhein bei BASF-Fabriken – Weiterfahrt auf Rhein bis Worms. Kurz vor der Wormser Rheinbrücke fuhren wir links in einen kleinen Schutzhafen. Es gibt dort mehrere Wassersportvereine mit Anlegern. Gastfreundlichkeit und kostenfreies Zelten erlebten wir beim ”Wasser-Sport-Verein Worms”.



Der Zufall wollte, dass wir genau zum Wormser Backfischfest und zu den Nibelungenfestspielen eintrafen, so dass die Stadt sich – ebenso wie wir – in Festlaune präsentierte.